Mangroven

Was sind Mangroven?

Mangroven sind Wälder zwischen Land und Meer, gelegen an den tropischen und subtropischen Küsten der Erde. Sie bestehen aus salztoleranten Bäumen, Sträuchern, Palmen und Bodenfarnen, womit sie ein einzigartiges Ökosystem formen. Eine Besonderheit der Mangrovenbäume ist ihr hochentwickeltes Wurzelsystem. Dabei wird unterschieden zwischen: Stelz-, Knie-, Stift-, Kegel- und Brettwurzeln (siehe unten). Der Begriff „Mangrove“ beschreibt sowohl das Ökosystem als Ganzes, als auch die Pflanzenarten, die es umfasst. Insgesamt gibt es rund 70 Mangrovenarten (Hogarth, 2015).

Wo wachsen Mangroven?

Mangrovenwälder kommen in 118 Ländern (Giri et al., 2011) beiderseits des Äquators vor. Sie besiedeln rund 0,1% der Erdoberfläche, 0.7% der tropischen Waldfläche (Giri et al., 2011) und 0,5% der weltweiten Küstenfläche (Alongi, 2014). Die Region des Indo-West-Pazifiks weist die artenreichsten Mangrovenwälder auf (> 46 Arten). Die Region des Atlantik-Karibik-Ost-Pazifiks ist hingegen artenärmer (<15 Arten). In Asien befinden sich rund 38,7% der weltweiten Mangrovenbestände, gefolgt von Lateinamerika und der Karibik mit 20,3%, Afrika mit 20.0%, Ozeanien mit 11,9%, Nordamerika mit 8,4% und europäische Überseegebiete mit 0,7% (Bunting et al., 2018). Mangroven brauchen eine durchschnittliche Wassertemperatur von mindestens 20°C, weswegen sie im Bereich kalter Meeresströmungen nicht zu finden sind (Hogarth, 2015). Sie wachsen in der Gezeitenzone entlang von Küstenlinien, in Flussdeltas- und mündungen sowie Küstenlagunen.

Die Sundarbans

Das größte Mangrovengebiet der Erde – die Sundarbans (zu Deutsch „schöner Wald“) – umfasst 10.000 km2 und liegt im Delta der Flüsse Ganges, Brahmaputra und Meghna in der Bucht von Bengalen. Das Gebiet liegt zu 38% in Indien und zu 62% in Bangladesch. Es wurde 1987 zum UNESCO-Weltnaturerbe erklärt und gilt als Hotspot der Artenvielfalt. Hier leben unter anderem die bedrohten Arten: der Bengalische Tiger, die Fischkatze und der Irawadidelfin.

Auf der Grundlage historischer Daten wurden die Sundarbans in Indien nun von der IUCN als gefährdetes Ökosystem eingestuft. Anlass dafür waren Rodungen und abnehmende Fischpopulationen. Schätzungen zur Folge betrug die Fläche der Sundarbans in Indien im Jahre 1776 noch 6588 km2, von denen in 2016 nur noch 1851 km2 übriggeblieben sind. Vier Millionen Menschen sind hier auf die Ökosystemdienstleistungen des Mangrovenwaldes angewiesen. Die Kleinfischerei macht dabei den zweitgrößten Beschäftigungssektor aus. Der Erhalt der Sundarbans ist daher sowohl für die Artenvielfalt als auch für die Menschen dringend notwendig (Sievers et al. 2020).

Am 20. Mai 2020 traf der Superzyklon „Amphan“ auf die Bucht von Bengalen. Er verursachte enorme Schäden und Verwüstungen in der Küstenregion. Amphan hat nicht nur eine große humanitäre Krise ausgelöst, sondern auch einen großen Teil der Sundarbans beschädigt. Nach Angaben der Regierung von Westbengalen wurden etwa 1.200 km² Mangrovenwald durch den Zyklon zerstört (The Hindu).

The Hindu (2020)

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Wie überleben Mangroven?

Der Lebensraum der Mangroven ist unwirsch – mit schlammigen, sauerstoffarmen Böden, Gezeitenwechsel und hohen Salzgehaltschwankungen. Verschiedene physiologische und morphologische Anpassungen ermöglichen es ihnen hier zu leben. Am auffällisten sind die verschiedenen Formen von Atemwurzeln. Die oberirdischen Wurzelorgane sorgen dafür, dass die Pflanze, im sauerstoffarmen Boden mit Sauerstoff versorgt wird. Sogenannte Lentizellen –  feinste Poren – dienen dem Gasaustausch, der Sauerstoff wird durch Diffusion in die Pflanzenteile geleitet. Mangroven zählen zu den Halophyten – Pflanzen, die an salzhaltigen Standorten wachsen können. Dabei unterscheiden sich die Arten allerdings in ihrer Salztoleranz. Sie besitzen verschiedene Mechanismen zur Salzregulierung. Manche Arten scheiden das aufgenommene Salz aktiv über Salzdrüsen aus, andere reichern das Salz in ihren Blättern an, um sie dann abzuwerfen. Auch kann die Salzaufnahme in den Wurzeln durch Ultrafiltration eingeschränkt werden. Viele Mangrovenarten nutzen eine Kombination von Mechanismen (Hogarth, 2015).

Wie pflanzen sich Mangroven fort?

Alle Mangrovenpflanzen besitzen schwimmfähige Früchte, Samen oder Keimlinge, die sich mit dem Wasser verbreiten. Viele Arten bilden bereits Keimlinge an der Mutterpflanze aus (Viviparie / Kryptoviviparie). Der Keimling (Propagul) wächst durch eine Kombination aus Photosynthese und Nährstoffaufnahme der Mutterpflanze. Später wird der Keimling dann abgeworfen und im Wasser treibend von der Strömung verdriftet, bis dieser an einem geeigneten Ort wurzelt (Hogarth, 2015).

Warum sollten wir uns für Mangrovenwälder interessieren?

Mangrovenwälder sind effiziente CO2-Senken – eine Pflanzengesellschaft, die in der Bilanz mehr Kohlenstoff aufnimmt und speichert, als sie wieder abgibt, wodurch der CO2-Gehalt in der Atmosphäre sinkt. So tragen sie zur Minderung des Klimawandels bei (Stichwort: „Blue Carbon“ siehe unten). Auch bieten sie einer Vielzahl von Tieren einen Lebensraum, tragen zum Erhalt gesunder Ozeane bei und dienen als natürliche Kläranlage sowie Küstenschutz. Als Lebensgrundlage reduzieren sie Hunger und Armut in den Regionen.

Coastal Blue Carbon – Was ist blauer Kohlenstoff?

Der Begriff „Coastal Blue Carbon“ bezieht sich auf den von Küstenökosystemen gebundenen Kohlenstoff. Dazu gehören Salzmarschen, Seegraswiesen und Mangrovenwälder. Mangroven nehmen das Treibhausgas Kohlenstoffdioxid (CO2) auf und binden den Kohlenstoff in ihrer Biomasse, aber vor allem in ihrem Sediment. Diese können etliche Meter tief sein. Das eingeschlossene kohlenstoffreiche Material wird im wassergesättigten, sauerstoffarmen Sediment nur sehr langsam abgebaut. Was sie zu bedeutenden Kohlenstoffsenken macht. Einfach zu kostbar, um sie zu verlieren!

UN-Nachhaltigkeitsziele: Naturschutz und Menschenrechte gehen Hand in Hand!

Weltweit stehen Waldökosysteme unter Druck. Vor allem im globalen Süden erfolgen großflächige Rodungen, zum Beispiel für Aquakulturanlagen, Palmöl- und Reisplantagen. Bedient werden in erster Linie die Märkte Europas und Nordamerikas. Der kurzfristige Profit wird dabei auf Kosten langfristiger Zerstörung erwirtschaftet, mit weitreichenden negativen Folgen für Mensch und Umwelt.

Die im Jahr 2015 von den Vereinten Nationen verabschiedeten „Ziele für nachhaltige Entwicklung“ (Sustainable Development Goals) greifen diese Missstände auf und verlangen ein Gegenwirken. In 17 einzelnen Zielen werden Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensverhältnisse der Menschen, zum Schutz der Ökosysteme und des Klimas gefordert.

Diese Ziele stehen auch im Zusammenhang mit den bedrohten Mangrovenwäldern. Denn die Zerstörung der Mangrovenwälder und der Verlust ihrer Bestände haben direkte Auswirkungen auf das Klima, die Biodiversität und die soziale Lage der lokalen Bevölkerung:

  • Der Klimawandel verändert die Welt und immer mehr Menschen sind vom Anstieg des Meeresspiegels, von Überschwemmungen und Dürren betroffen. Vor allem in den Ländern des globalen Südens ereignen sich Naturkatastrophen und Extremwetterereignisse häufiger und mit zunehmender Heftigkeit. Der Klimawandel betrifft uns alle, deswegen müssen kohlenstoffbindende Ökosysteme wie Mangrovenwälder erhalten bleiben.

  • Mangroven tragen zum Erhalt gesunder Ozeane bei. Sie sind die „Kinderstube“ einer Vielzahl von Fischarten und verbessern die Wasserqualität der Küstenregionen.

  • Mehr als 700 Millionen Menschen leben heute in extremer Armut (BMZ). Die wachsende Ungleichheit steigert politische und soziale Spannungen und führt zu Instabilität und Konflikten. Eine Welt ohne Armut und Hunger ist die Grundlage für Gesundheit, Bildung, Gleichheit und soziale Entwicklung. Unser globales Wohlbefinden ist miteinander verbunden.